C O R O N A - NEWS

 

GEHST DU ZUM REP???

MIND jur. §TEP!

 

Gerade jetzt, wo Corona und dann auch noch die Inflation vielen von Ihnen den finanziellen Boden unter den Füßen wegziehen und Sie kaum Geld haben, weil Sie keinen Nebenjob mehr haben, sollten Sie überlegen, ob Sie wirklichen Vorteil von einem der herkömmlichen Repetitorien haben. Das ist natürlich individuell, und es gibt sicher auch Studenten, die davon profitieren. Aber in den meisten mir bekannten Fällen, war es eher umgekehrt.

 

 

Man muss nicht 95 1/2 Theorien z.B. zum Bereicherungsrecht kennen, man muss seine Funktionsweise verstehen. Die Überfrachtung mit überflüssigem Stoff führt nur dazu, dass man „den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“. Übrigens: Man braucht sie für das Examen auch nicht. Lesen Sie hierzu unbedingt den Aufsatz von

 

Kuhn, „Was im Examen wirklich geprüft wird“

 

in JuS 2011, 1066 ff.

 

 

 

Versuchen Sie es doch mal mit der §TEPS-Methode!

 

Nachfolgende Tipps sind garantiert kostenlos! Und völlig frei von Hintergedanken!

 

Was ist die §TEPS - Methode?

Egal ob Lehrbuch, Fallsammlung oder Kommentar, auch in sehr guten Werken der herkömmlichen Studienliteratur werden i.d.R. lediglich Probleme und ihre Lösungsansätze unter Wiedergabe des Meinungsstandes in Rechtsprechung und Literatur – sit venia verbo – „serviert“.

Aber um das Verständnis zu fördern, um den Lösungsansatz in der Examensklausur im Gedächtnis abrufen zu können, braucht man mehr: Man muss wissen, warum ein Problem überhaupt ein Problem ist, d.h., wie es entsteht. D.h., es bedarf eines Zwischenschrittes, des §TEPS-Konzepts.

Diese Methode wird übrigens von führenden Genies empfohlen. Z.B. von dem großen Physiker Albert Einstein (1879 [in Ulm/Württemberg] - 1955, dt.-amerik. Physiker [Relativitätstheorie], 1921 Nobelpreis). Von ihm sind die folgenden Zitate:

 

 

 „Das Problem zu erkennen ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen. Denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.“

 

“If I were given one hour to save the planet, I would spend 59 minutes defining the problem and one minute resolving it.”

 

 Oder, um es mit Konrad Adenauer zu sagen: "Man muss Dinge auch so tief sehen, dass sie einfach werden."

 

Ganz neu war die Erkenntnis übrigens schon damals nicht: Bene docet, qui bene distinguit (gut lehrt, wer gut gliedert). Und im Grunde ist Lernen nichts anderes als sich selbst belehren.

 

 

 

 

Die 12 Tafeln des Prädikatsexamens

 

 

 

 

 

I. Ganz wichtig: Problemorientiertes Lernen mit der

 

§TEPS- Methode!

 

Es reicht nicht, ein Problem und dessen Lösung zu kennen. Sie müssen verstehen, also – in einem Zwischenschritt – herausarbeiten, warum das Problem überhaupt ein Problem ist. Erst dies schafft den Verständniszusammenhang und erhöht den Memoryeffekt in der Examensklausur.

 

Um die §TEPS-Methode zu veranschaulichen, habe ich Ihnen hier ein ausführliches Beispiel angefügt. Wichtig für Ihr Verständnis ist, dass Sie unbedingt die Fundstelle nachlesen und quasi neben die nachfolgende Darstellung legen, um zu verstehen, wie ich vorgegangen bin bzw. vorzugehen empfehle.

 

Thema: Verhältnis von Abgabe zu Zugang

 

Fundstelle: BGH NJW 1979, 2032 („Bauerngehöftfall“)

 

Problem: In notariellem Kaufvertrag wird dem Käufer K ein Rücktrittsrecht eingeräumt für den Fall, dass die Baugenehmigung für das Grundstück nicht bis spätestens 23.09. auf K umgeschrieben ist. Der Rücktritt ist spätestens bis zum 30.09. zu erklären, jedoch bleibt dem Verkäufer V bis dahin eine „Gnaden-frist“, während derer er die Baugenehmigung noch beibringen kann, allerdings nur, sofern nicht zuvor der Rücktritt wirksam erklärt worden ist. Am 24.09. schickt K die Rücktrittserklärung an den beurkundenden Notar. Er nimmt an, dieser werde V von dem Rücktritt in Kenntnis setzen und die Rückabwicklung in die Wege leiten. Der Notar jedoch leitet das Originalschreiben K’s an V weiter, dem es am 29.09. zugeht. Am Folgetag, dem 30.09., erhält V die Baugenehmigung. Gegen seine Kaufpreisklage setzt K sich mit der Berufung auf den Rücktritt zur Wehr.

N

 

Problemstellung: Äußerlich scheint alles für K zu sprechen: Die Rücktrittserklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang beim Rücktrittsgegner V wirksam wird (§ 349). Der Zugang jedenfalls ist rechtzeitig erfolgt. Die Möglichkeit, das Rücktrittsrecht durch nachträgliche Beibringung der Genehmigung noch zu Fall zu bringen, scheint ausge-schlossen, weil verspätet (nach dem 23.09. und nach Rücktritt). Allerdings: Die Rücktrittserklärung ist zunächst beim Notar angekommen, der Rücktritt war jedoch dem Vertragspartner gegenüber zu erklären, der auch – wenngleich auf anderem als dem vorgesehenen Wege – davon rechtzeitig erfahren hat.

Reicht das? Hat K die Rücktrittserklärung wirksam abgegeben, also in Richtung auf den Empfänger in den Verkehr gebracht? Und wenn nicht, wurde dann die fehlende Abgabe durch den – nachgewiesenen – Zugang geheilt? Immerhin kommt es auf diesen ja entscheidend an (§ 130 I 1).

 

Schließlich sah es auch das Berufungsgericht so, dass K durch Schr. v. 24.09. wirksam zurückgetreten sei: Dass die Rücktritts-erklärung nicht an V, sondern an den beurkundenden Notar gerichtet gewesen sei, schade nicht, weil der Notar das Schreiben an V weitergeleitet habe und es dort noch innerhalb der bis zum 30.09. vereinbarten Frist eingegangen sei. Im Zeitpunkt des Zugehens bei V hätten die Rücktrittsvoraussetzungen noch vorgelegen.

 

Gutachten: Da V seinen Anspruch auf Kaufvertrag stützt, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob K rechtzeitig den Rücktritt erklärt hat. Denn solchenfalls ist der Vertrag aufgelöst, und es bestehen keine vertraglichen Ansprüche.

Der Rücktritt ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Als solche bedurfte er einer Erklärung gerade gegenüber dem anderen Teil (§ 349), mithin gegenüber V. Fraglich ist, ob die über den Notar an V weitergereichte Rücktrittserklärung diesen Anforderungen genügt.

 Zwar ist K offenbar irrtümlich davon ausgegangen, dass der Notar als Beurkundungsperson der richtige Adressat für die Rück-trittserklärung sei. Er wollte ihm nicht nur ankündigen, wie er sich gegenüber V zu verhalten gedachte, sondern wollte durch die an ihn gerichtete Rücktrittserklärung die Rücktrittsfolgen gegenüber V auslösen.

Fraglich ist, ob die Übersendung an den falschen Empfänger da-durch "korrigiert" worden ist, dass der Notar das Rücktritts-schreiben V übersandt hat. Immerhin geben der Inhalt des Schreibens und die Begleitumstände keinen Anlass, in Zweifel zu ziehen, dass K gegenüber V von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen wollte.

 Zwar brauchen auch empfangsbedürftige Willenserklärungen nicht unmittelbar an den Erklärungsgegner abgesandt zu werden; sie können ihm auch über Dritte zugeleitet werden. Doch darf dies nicht mehr oder weniger zufällig, sondern muss zielgerichtet geschehen. Es gibt im BGB keinen dem § 189 ZPO für die Heilung von Zustellungsmängeln entsprechenden Grundsatz, wonach Mängel beim Transport der Erklärung durch dessen Erfolg, den Zugang, geheilt würden.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist – neben dem Zugang – vielmehr, dass die Willenserklärung mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt und der Erklärende damit rechnen konnte und gerechnet hat, sie werde (auf welchem Wege auch immer) den Erklärungsgegner erreichen.

 Dies war hier ersichtlich nicht der Fall, da K davon ausging, der Notar werde nicht – wie aber tatsächlich geschehen – die konkrete Erklärung an V weiterleiten, sondern diesen lediglich von deren Eingang bei ihm in Kenntnis setzen. Der Zugang der Rücktritts-erklärung war also aus Sicht des Erklärenden mehr oder weniger zufällig. – Anders wäre es also gewesen, wenn K beispielsweise an N geschrieben hätte „… überreiche ich hierneben die Rücktrittserklärung usw. mit der Bitte um Weitergabe an V“. Dann wäre die Rücktrittserklärung nicht nur rechtzeitig zugegangen, sondern auch wirksam mit Zielrichtung auf den – richtigen – Empfänger abgegeben, mit der Folge, dass K seinen Prozess gewinnt. So aber kann von einem rechtzeitigen Rücktritt nicht die Rede sein.

 Für diese Argumentation spricht va., dass § 189 ZPO nicht nur unmittelbar nicht anwendbar ist. Er wäre hier selbst dann nicht anwendbar, wenn er den allgemeinen Rechtsgedanken enthalten sollte, dass formale Mängel im Kommunikationsvorgang durch Erreichung des Kommunikationserfolgs (Zugang) geheilt werden können. Denn bei der fehlenden Abgabe handelt es sich eben nicht um einen formalen Mangel, der den in § 189 ZPO genannten Mängeln nahesteht, sondern um einen Mangel im Willen und zwar im Handlungswillen.

 Dies wird durch die oft geradezu abstruse Darstellung in den gängigen Lehrbüchern immer wieder vernebelt, wenn dort als Beispiele für fehlenden Handlungswillen Sprechen im Schlaf oder in Hypnose und nervöses Zucken genannt werden (so selbst Medicus/Petersen, AT, Rdnr. 606.). Sieht man sich die Vorschriften der §§ 105 II; 119 II; 123 I, auch § 130 II, wonach eine Erklärung (erst) mit Abgabe wirksam wird,  genau an, so kommt es für den fehlerfreien Willen auf den Zeitpunkt der Abgabe an. Das gilt aber nicht nur für den Geschäftswillen, sondern – wie vor allem § 105 II, aber auch hier wieder § 130 II, zeigt – ebenso, ja erst recht für den Handlungswillen.

 Wenn eine Erklärung fehlerfrei hergestellt worden ist, dann aber ohne zurechenbare Absendehandlung dem Empfänger zugegan-gen ist, dann ist sie ohne Handlungswillen in den Verkehr gelangt und somit im Rechtsinne nicht abgegeben worden.

 Der Fall illustriert das anschaulich. K hatte zwar bei der Anfertigung, nicht aber bei der Absendung der Rücktrittserklärung an V Handlungswillen. Denn wenn Abgabe bedeutet, dass das Schriftstück in Richtung auf den – sc. richtigen – Empfänger auf den Weg gebracht wird, dann war die (eindeutig mit Handlungs-willen erfolgte) Absendung an den Notar keine Abgabe, da dieser nicht der Rücktrittsgegner und somit nicht der richtige Empfänger war (§ 349). Aber auch die Weiterleitung durch den Notar an V war keine Abgabe, da sie nicht auf Veranlassung K’s geschah, der nicht durch irgendeine Handlung dazu beigetragen hat, so dass auf seiner Seite kein Handlungswillen vorlag. Vielmehr geschah dies aufgrund eines autonomen Entschlusses des Notars.

 Eine analoge Anwendung des § 189 ZPO scheidet deshalb aus, so dass es dabei verbleibt, dass die Rücktrittserklärung zwar zuge-gangen, aber nicht abgegeben worden und somit unwirksam ist.

 Zwar trifft es zu, dass diese Sichtweise etwas formalistisch ist und die Interessen K’s hierbei nicht im vollen Umfang zur Geltung ge-bracht werden. Andererseits hätte es K durchaus in der Hand ge-habt, die Erklärung über einen RA abzugeben, wodurch diese Pro-bleme hätten vermieden werden können. Jedenfalls gilt es zu be-denken, dass der Rücktritt ein Gestaltungsrecht ist, also dem Be-rechtigten, K, die Befugnis verleiht, einseitig in Rechte eines Drit-ten, V, einzugreifen (Medicus/Petersen, AT, Rdnr. 79). Dies erfordert Eindeutigkeit bei der Äußerung des Gestaltungswillens. Aus demselben Grund sind bspw. auch Bedingung und Befristung im Rahmen von Gestaltungsrechten eng zu handhaben (Medicus/ Petersen, AT, Rdnr. 849.). Eine, da ohne Abgabewillen in den Verkehr gelangte, nicht existente Erklärung erfüllt diese Anforderung nicht.

 

Ergebnis: Mangels wirksamen Rücktritts K’s wird V’s Kaufpreis-klage erfolgreich sein.

 

Analyse: Frage: Wie kommt es zu der Problemstellung? K hatte sich doch der Erklärung entäußert. – Antwort: Die Abgabe der Willenserklärung ist ein zweigliedriger Tatbestand:

 

  1. objektiv setzt sie die Weggabe des Schriftstücks voraus,
  2. subjektiv die Zielrichtung auf den richtigen Empfänger.

Nur so kann es kommen, dass der Zugang (inf. Weggabe) zu beja-hen, die Abgabe aber (mangels Zielrichtung) zu verneinen ist.

 

Zusammenfassung*): Empfangsbedürftige Willenserklärungen müssen zielgerichtet an den Erklärungsgegner abgesandt werden. Ein nur zufälliger, „außerplanmäßiger“ Zugang, genügt nicht, kann also nicht die beabsichtigten Rechtsfolgen auslösen. Insbes. gibt es im BGB keinen dem § 189 ZPO für die Heilung von Zustellungs-mängeln entsprechenden Grundsatz, wonach Mängel beim Trans-port der Erklärung durch dessen Erfolg, den Zugang, geheilt würden.

 *) Zur Formulierung s.u. V.

 


 

II. Erschließen Sie sich Probleme, wo immer möglich und sinnvoll, über Gerichtsentscheidungen. Denn Sie sehen so an einem praktischen Beispiel den Kontext, in dem Ihnen das Problem in der Klausur begegnen kann. Dabei können Sie en passant auch noch Wissen zu benachbarten Rechtsgebieten abgreifen.

 

Ein geradezu klassisches Beispiel sind Fragen des Eigentumserwerbs. Was Sie lernen sind bspw. §§ 929; 932 BGB. Meist aber stellen sich die Probleme i.R.v. § 47 InsO oder § 771 ZPO!

 

Gerichtsentscheidungen gutachtenmäßig (= klausurmäßig!) aufbereiten! Sie stoßen dabei auf viele Probleme, die Sie sonst überlesen hätten, und erhalten gleichzeitig die Gelegenheit, Wissen aufzufrischen oder hinzuzuerwerben. Zweckmäßigerweise gehen Sie wie folgt vor:

 

1.       Geraffte Darstellung des Sachverhalts, (nur) soweit er für das zu behandelnde Problem von Bedeutung ist (s. hierzu auch u. X. a.E.).

 

2.       Herausarbeiten der Problemstellung nach der

 

§TEPS-Methode

 

(s.o. I.). Dabei helfen Ihnen meist die Entscheidungsgründe, die ja gerade dieses Problem beschreiben und lösen.

 

3.       Schriftliche, gutachtenmäßige (= klausurmäßige!) Darstellung der Entscheidungsgründe.

 

4.       Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse einschl. der sie tragenden Erwägungen in eigenen Worten.

 

 

III. Entwerfen Sie selbst Klausuren mit Musterlösungen und Formulierungshilfen für Standardprobleme (Textbausteine!). Sie lernen daran mehr als aus tausend Büchern und – dies vor allem – bei Millionen Repetitoren!

 

Dies wusste schon (der - schlechte - Jurist) Goethe:

"Sag es mir, und ich werde es vergessen;

zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten;

lasse es mich tun, und ich werde es können!"

 

Tun Sie sich im Anschluss mit Kommilitonen zusammen und erarbeiten Sie ein Planspiel, in dem die Fragen vorkommen.

 

IV. Wenn Sie, sei es in einer Klausur oder in der Diskussion in der Lerngruppe, einen Fehler gemacht haben, verbessern Sie diesen, und zwar schriftlich und systematisch, bspw. so:

 

Problem: A veräußert an B sein Grundstück in Kirchberg/Jagst "einschließlich der darauf befindlichen Geier-Brauerei nebst  Zubehör", wobei er der Auffassung ist, dies seien alle im Brauereigebäude befindlichen, zur Herstellung des Gebräus notwendigen Gegenstände. Einige Zeit später bittet der Notar die beiden nochmal zu sich, um ihnen eine beglaubigte Abschrift der Grundbuchauszugs nach vollzogener Eigentumsumschreibung zu erteilen. Als A sich nach dem Notartermin auf den Brauerei-Lkw schwingen will, um nach Hause zu fahren, nimmt ihm B mit den Worten: "Der gehört jetzt mir" die Schlüssel ab. Zu recht? Was kann A machen?

Nehmen Sie an, Sie haben hier fälschlicherweise einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum angenommen.

 

Vorgehensweise:

 

  1. Beschreibung des Problems (Rechtsfolgenirrtum).
  2. Fehler (in casu unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum angenommen, Konsequenz: Anfechtung griff nicht durch).
  3. Richtige Lösung (beachtlicher Rechtsfolgenirrtum, Konsequenz: Anfechtung greift durch).
  4. Begründung (Es bestand eine fehlerhafte Vorstellung von dem Begriff Zubehör, deshalb beachtlicher Rechtsfolgenirrtum; anders dort, wo keine Vorstellung besteht, etwa weil sich der Einschluss des Zubehörs nicht aus dem Vertragstext, sondern aus §§ 311c; 926 I 2 ergibt).
  5. Analyse/Konsequenz (Kriterien für den [un]beachtlichen Rechtsfolgenirrtum nicht erkannt oder falsch subsumiert → Kapitel wiederholen!).

 

 

V. Wenn Sie ein Kapitel durchgearbeitet haben, fassen Sie es in eigenen Worten zusammen. Ganz wichtig: Formulieren Sie dabei die Probleme und Lösungen so, als müssten Sie sie einem Kommilitonen erklären! Denken Sie dabei auch daran, die Fragen zu beantworten, die sich Ihnen dabei aufdrängen. Der Lerneffekt, den Sie dadurch erzielen, ist nicht zu überschätzen.

 

Nehmen Sie Vorlesungen und Lehrbücher nur als Anregungen zum Selbststudium. Wenn Sie sich ein Thema erarbeiten, legen Sie sich einen Kurzkommentar (zB. Jauernig, Lackner etc.) daneben und erschließen Sie sich die dort genannten weiteren Probleme. Denn bis hierher haben Sie nur Bas-x. Jetzt erst beginnt der Take-off, der Sie zum Prädikatsexamen führt!

 

 

VI. Vorlesungen immer zeitnah nachbereiten, aber idR nicht vorbereiten. Denn wenn Sie den Vorlesungsstoff zeitnah wiederholen, festigen Sie das Wissen, solange es noch „warm“, also leicht erinnerlich ist. Später fällt Ihnen das wesentlich schwerer.

 

Wenn Sie aber eine Vorlesung vorbereiten, sitzen Sie im Hörsaal rum, sagen „déjà vu“ und starren an die Decke. Diese Zeit können Sie effektiver einsetzen. - Anders ist es dort, wo die Vorlesung für Sie unergiebig ist. Dann kann es dennoch sinnvoll sein, sie vorzubereiten und zu besuchen. Denn zum einen festigen Sie so soziale Kontakte, die Sie unbedingt benötigen. Zum andern sollten Sie die Gelegenheit nutzen, die Fragen zu stellen, die sich aus Ihrer Vorbereitung ergeben haben.

 

 

VII. Wenn Sie etwas nicht verstehen, lesen Sie nicht lange herum, sondern nehmen Sie Stift und Papier und schreiben Sie die Dinge auf. Das Schreiben – mit der Hand(!) – zwingt zu klarem Formulieren, und das, woran Sie beim Lesen noch gescheitert sind, tritt Ihnen oft bereits jetzt bei der schriftlichen Formulierung des Problems klar vor Augen. Denn, was schon für das Reden gilt, gilt für das Schreiben desto mehr.

S. Heinrich von Kleists genialen Aufsatz „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“.

 

VIII. Nutzen Sie jede Gelegenheit zur Wiederholung. Stellen Sie sich beim Lernen selbst Fragen und beantworten Sie diese.

 

Um dabei zu vermeiden, dass Sie Unwichtiges wiederkäuen, bis Sie das Entscheidende gefunden haben, sollten Sie sich zuvor das Wichtigste in Stichworten und mit Literaturhinweisen auf Karteikarten notiert haben.

 

IX. Lernen Sie in der Gruppe. Sie erhalten von anderen Menschen wertvolle Anregungen und können diesen solche geben.  Dadurch können Sie auch den sozialen Zusammenhalt mit anderen Menschen festigen, den Sie benötigen, wenn es mal nicht so gut läuft.

 

Bestimmen Sie in Ihrer Gruppe einen Protokollführer, der die Dinge am Anfang der nächsten Sitzung gerafft vorträgt. Sie haben dann Gelegenheit, das Gelernte zu wiederholen und ggf. durch Nachfragen zu klären und zu vertiefen. Achten Sie aber darauf, dass Sie sich nicht in der Wiederholung festbeißen und das aktuelle Thema vernachlässigen!

 

Es wird allgemein behauptet, Frauen würden bessere Examina machen. Das ist nicht falsch, richtig auch nicht. Aber dadurch, dass weibliche Gruppenstrukturen nicht nur häufiger als männliche, sondern auch demokratisch organisiert sind, nutzen Frauen diesen enormen Vorzug, der in seiner Wirksamkeit kaum überschätzt werden kann, während sich Männer durch ihren Eigensinn selbst ins Abseits manövrieren. Frauen gleichen dadurch ihre Unzulänglichkeiten aus und verstärken ihre Fähigkeiten. Das muss nicht sein! Ich bin sicher, dass Männer, die in Gruppenstrukturen lernen, bessere Examina machen als Frauen!

 

 X. Zum Klausurenschreiben habe ich noch ein paar Tipps.

 

  • Wissen Sie eigentlich, was Sie machen, wenn Sie eine Klausur schreiben, also warum man gerade eine Fallbearbeitung in gutachterlicher Darstellung im Examen von Ihnen verlangt? Versetzen Sie sich in die Position des Berichterstatters an einer/m Kammer/Senat, der die Entscheidung seines Spruchkörpers vorzubereiten hat. Er arbeitet genauso!
  • Haben Sie sich einmal überlegt, warum man von Ihnen nicht nur verlangt, dass Sie die Ihre Entscheidung tragenden Erwägungen darstellen, sondern weshalb Sie sich auch mit den Gesichtspunkten auseinandersetzen müssen, die Ihrer Meinung nach nicht durchschlagen? – Ganz einfach: Zunächst müssen Sie Ihre Kollegen in Senat oder Kammer, die vielleicht anderer Auffassung sind, überzeugen, vor allem aber müssen Sie dann ja aus dem Gutachten ein Urteil formulieren, indem Sie dieses quasi „umstülpen“. Dabei müssen Sie der unterlegenen Partei klar machen, warum Sie den Prozess verloren hat, damit Sie nicht ein sinnloses Rechtsmittel einlegt, sondern die knappen staatlichen Justizressourcen schont. – Die Notwendigkeit, auch nicht zum Zuge kommende Punkte zu erwähnen, ergibt sich ferner aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
  • Lesen Sie den Sachverhalt zweimal! Die Zeit dazu haben Sie. Der Memoryeffekt ist immens: Sie müssen später nicht ständig nachschauen, was im Sachverhalt steht.
  • Fertigen Sie dann, also beim dritten Mal, eine Skizze und einen Kalender (soweit tunlich) ab. Der Gewinn an Übersicht und damit Struktur für Ihre Lösung(sskizze) lässt sich nicht übertreiben!

 

XI. Gerne werden im Examen aktuelle Probleme der Rechtsprechung aufgegriffen*). Halten Sie sich deshalb auf dem Laufenden, z.B. durch das Studium des Rechtsprechungsteils der Ausbildungszeitschriften oder  der Pressemitteilungen der  Obersten Gerichtshöfe des Bundes und des Bundesverfassungs-gerichts.

*) Statt aller: Unterreitmeier, JuS 2011, 345 und Kuhn, JuS 2011, 1066, insbes. 1069 f., Text bei FN 3, wo zwar gesagt wird, die Kenntnis der der Examensklausur zugrundeliegenden BGH-Entscheidungen sei nicht erforderlich. Aber man wird doch sagen dürfen: Hilfreich ist sie allemal.

 

 

XII. Benutzen Sie konsequent(!) Lerntechniken. Sie finden Sie zB. hier: https://www.mystipendium.de/studium/lerntechniken, ir-gendwo sonst im Internet oder auch in Büchern. Letztere haben den Vorteil, dass man Wichtiges unterstreichen und nachschlagen kann.

 

Lerntechniken sind wichtig, weil sie die Effektivität des Lernens steigern und damit das rememorierbare Wissen multiplizieren. Man kann sich das etwa so vorstellen: Ein Fußballspieler nimmt den Ball im eigenen Strafraum an und versucht dann, in die gegnerische Hälfte zu kommen, um ein Tor zu schießen. Die Wahrscheinlichkeit des Gelingens ist relativ gering. Anders der, der sich, wie der ewige Bundesliga-Torschützenkönig Gerd Müller, im richtigen Augenblick vor dem gegnerischen Tor positioniert und dann aus dieser Stellung heraus ein Tor erzielt. Die richtige Positionierung im Beispiel entspricht der Lerntechnik für Ihr Studium.

Falls Sie noch auf der Suche sein sollten, probieren Sie's doch mal damit:

 

Fünf Prinzipien des Lernens (Faktor FÜNF)

 

 

 

1.       PePSteL

 

2.       ErStaB

 

3.       ProFKAKo

 

4.       KlauSelMa

 

5.       SaVoB

 

 

 

Ad 1: Lernen nach der §TEPS-Methode

 

P:        Problem

 

PSt:    Problemstellung

 

L:         Lösung

 

 

 

Ad 2: Wenn Sie Stoff zusammenfassen und wiederholen, klappern Sie dann nicht das Gelernte einfach ab, sondern ordnen Sie es so, als müssten Sie es jemand anderem erklären!

 

Er:       Erklären

 

Sta:    statt

 

B:        Büffeln

 

 

 

Ad 3: Fehlerkorrektur nach folgendem Schema

 

Pro:    Problembeschreibung

 

F:        Fehlerbeschreibung

 

K:        Korrektur

 

A:        Analyse - wie ist der Fehler entstanden?

 

Ko:     Konsequenzen für das weitere Lernen

 

 

 

Ad 4: Entwerfen von Klausuren und Musterlösungen, um den Fallaufbau zu trainieren

 

Klau   Klausuren

 

Sel      selber

 

Ma     machen (= entwerfen, einschl. Lösungsskizze)

 

 

 

Ad 5: Kaum etwas fördert das Lernen (in jeder Disziplin) so sehr, wie wenn man sich vor Beginn kurz sammelt und sich deutlich klar macht, was man in Angriff nehmen und welches (Zwischen) Ziel man damit erreichen will.

 

Sa:      Sammeln

 

Vo:     Vor

 

B:        Beginn

 

 

 

Falls Sie in den unteren Semestern sind, noch diesen Hinweis: Lernen Sie Römisches Recht!

Erinnern Sie sich noch, was Sie gemacht haben, als Sie zwei Jahre alt waren? Sie haben versucht, über Tische, Stühle etc. zu schauen. Als Sie am Herd angelangt waren, sagte Ihre Mutter: „Lass das! Du tust dir sonst weh.“ Sie hat den zu lernenden Inhalt – nicht auf die Herdplatte fassen – mit einem bekannten – Schmerz – verbunden. Die Konsequenz war: Sie haben sich nicht verbrannt. Dem Römischen Recht entspricht der Schmerz, dem BGB das Unterlassen, die Herdplatte zu berühren.

 

Vor ca. 200 Jahren hat man es so gesagt: „Wir studieren das römische Recht nur (sic!) in der Absicht, uns die Weise der römischen Juristen zu merken, wir wollen von ihm bloß lernen, unser Recht ebenso geschickt zu erkennen und anzuwenden, wie ihnen das mit dem ihrigen gelungen ist[1].“

 

Zur Eignung des Römischen Rechts hierfür sowie zu seiner -  relativen - Aktualität[2] empfehle ich die Aufsätze von

 

  • Kaser, „Der römische Anteil am deutschen bürgerlichen Recht“[3],
  • Zimmermann, „Römisches Recht und europäische Kultur“[4],
  • Knütel, „Von befreiten Vögeln, schönen Schläferinnen und hüpfenden Hunden oder: Exempla docent[5],
  • Honsell,Das rechtshistorische Argument in der modernen Zivilrechtsdogmatik[6] sowie
  • Mayer-Maly, „Die Wiederkehr von Rechtsfiguren“[7].

 

Letzterer spricht von einer „Permanenz der Wiederkehr“[8], die er sogar als „von legislatorischen Entscheidungen unabhängig“ (sic!) einstuft[9]. Was als richterliche Rechtsfortbildung erscheint, sei oft genug, so legt er anhand von Beispielen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung überzeugend dar, nichts anderes als ein Rückgriff auf eine im römischen Recht schon ausgeprägte Alternative[10]. Auch Honsell macht in Bezug auf das Römische Recht eine „Renaissance alter Lösungsmodelle“ aus, die er darauf zurückführt, „dass die Zahl möglicher Lösungen begrenzt und vorgegeben ist[11].“ Dies verdeutlicht er recht anschaulich mit der - zutreffenden - Feststellung: Das Recht der Dienstbarkeiten funktioniert immer noch mit dem alten Instrumentarium des römischen Rechts, denn für eine abstrakte Dogmatik ist es einerlei, ob es sich um Aquädukte handelt oder um Stromleitungen, Seilbahnen, Schiabfahrten usw. Hier zeigt sich die zeitlose Gültigkeit einer relativ abstrakten Zivilrechtsdogmatik, welche den Wandel der Verhältnisse unverändert überdauert[12].“ Und bei Knütel[13] heißt es zum „Speerwerfer-Fall“ aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert(!) zutreffend: „Es zeigt sich sehr oft, dass sich zwar die tatsächlichen Verhältnisse ändern, das juristische Problem aber das gleiche bleibt[14].“

 

Ob das so weit geht, wie RGZ 57, 392, 395 bemerkt, „dass eine grundsätzliche Änderung des bisherigen (Gemeinen) Rechts nicht beabsichtigt“ war, als man das BGB schuf, stehe einmal dahin. Die Absicht der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten war es aber schon[15]. Jedenfalls in den Jahren 2020/21 ganz aktuell sind die Erleichterungen, die Mietern und Pächtern im Zuge der Corona-Krise gewährt wurden (Art. 240 §§ 1 f., 7 EGBGB)[16]. Ihr Vorbild ist die remissio mercedis, die die Severerkaiser Pächtern gewährten, die nach Missernten zahlungsunfähig geworden waren[17].

 



[1] Keller, Die neuen Theorien in der zürcherischen Zivilrechtspflege, 1828, S. 18 f.

[2] Zur historischen Aktualität s. die wirtschaftswissenschaftliche Un-tersuchung von Schäfer/Wulf, Wie der Aufstieg des gelehrten Rechts im Mittelalter den wirtschaftlichen Aufstieg Europas beförderte, https://law-journal.de/archiv/jahrgang-2014/heft-1/wie-der-aufstieg-des-gelehrten-rechts-im-mittelalter-den-wirtschaftlichen-aufstieg-europas-beforderte-eine-empirische-untersuchung/ (abgerufen 19.04.2020). Zitat: „Zwischen 1200 und 1600 setzte sich die wirtschaftliche Entwicklung in Westeuropa von der in allen anderen Weltregionen ab. Gegen Ende dieser Periode lag das Pro-Kopf-Einkommensniveau deutlich höher als irgendwo sonst auf der Welt. Wir bringen diese einzigartige Entwicklung in Verbindung mit der Rezeption des römischen Rechts ...“ Und weiter: Das Entstehen einer rechtswissenschaftlichen Methodik und die damit verbundene Fähigkeit, allgemeine normative Schlüsse aus diesen Quellen zu ziehen, führte zu Abstraktion, Methodologie und dem Aufstieg des römischen Rechts als akademischer Disziplin. Dies wirkte sich „förderlich [auf] Handel und Gewerbe“ aus.

[3] JuS 1967, 337 ff. Der Beitrag ist trotz - geringfügig - geänderter Rechtslage noch weitgehend aktuell und auf jeden Fall lesenswert.

[4] JZ 2007, 1, insbes. S. 3 f. sub III.

[5] JuS 2001, 209 ff.

[6] Http://Honsell.at/pdf/Rechtshist_Moment.pdf, abg. 20.01.2020.

[7] JZ 1971, 1.                                                                        

[8] JZ 1971, 1, re.

[9] JZ 1971, 3, re.

[10] JZ 1971, 3, re., Hervorhebungen von mir.

[11] AaO (FN 6), S. 12. Ebenso Mayer-Maly, JZ 1971, 3, li., der „die Tendenz zur Renaissance von Rechtlichem ... in der Begrenzung des juristischen Inventariums“ erblickt, die „ein[en] häufige[n] Rückgriff auf längst ausgebildete Rechtsfiguren unvermeidlich“ macht.

[12] AaO (FN 6), S. 8; Hervorhebungen von mir.

[13] JuS 2001, S. 217 sub V.

[14] Allerdings belegt dies der von Knütel zit. Fall RG, Das Recht 1914, 1836 mE nicht. Denn dort klagte ein Kegeljunge auf Schadensersatz offenbar gegen seinen Arbeitgeber aus der Verletzung von Vorschriften zum Schutz gegen Kinderarbeit. Eine Differenzierung zwischen Keglern, die lediglich trainieren, und solchen, die an einem Wettkampf teilnehmen - wie im Speerwerferfall -, wird nicht durchgeführt, noch nicht einmal angeschnitten, träfe auch die Problematik des Verhältnisses von Geschädigtem und Arbeitgeber, um die es in casu geht, nicht. - Die Aussage Knütels ist dennoch richtig. S. noch die RspNachw. bei dems., JuS 2001, 217 in FN 77. Zum „Speerwerfer-Fall“ D. 9, 2, 9, 4.  Die letzte mir bekannte Entscheidung zum römischen Recht ist der „Maisfall“ von BGHZ 114, 183 aus 1991(!).

[15] Hierzu Knütel, JuS 2001, 210, Text in FN 6.

[16] G. v. 27.03.2020, BGBl I 572 f.; G. v. 22.12.2020, BGBl I 3332.

[17] D. 19, 2, 15, 4. Kleine Anmerkung am Rande: Während Art. 240 §§ 1 f., 7 EGBGB 533 Wörter benötigen, kommt der am römischen Recht geschulte Jurist mit zweien aus.

 

 

Für Ihr Examen und Ihre spätere Berufstätigkeit wünsche ich Ihnen viel Erfolg!

 

 

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